Jagd mit der Bracke
Ein Irrtum hält sich hartnäckig
Immer wieder ist zu hören, dass für die Jagd mit Bracken eine Mindestfläche von 1.000ha benötigt wird, denn diese Flächenangabe taucht in §19 BJagdG im Zusammenhang mit dem Einsatz von Bracken auf. Dies bezieht sich jedoch ausschließlich auf das eigentliche Brackieren, bei dem der verfolgende Hund das Wild (Hase oder Fuchs) so lange fährtenlaut jagt, bis es wieder in sein Einstandsgebiet zurück kehrt. Diese Jagdart läßt sich aus einer Vielzahl von Gründen selbst im Sauerland, dem Ursprungsgebiet der Deutschen Bracke, kaum noch durchführen.
Jagen mit der Bracke in heutiger Zeit
In heutiger Zeit umfasst die Jagd mit Bracken alle Einsatzbereiche vor und nach dem Schuss auf sämtliches Schalenwild, Hase und Fuchs.
Das Haupteinsatzgebiet der Bracken liegt heute bei den großräumigen Bewegungsjagden auf Rotwild und wehrhaftes Schwarzwild. Hier arbeiten sie selbständig und ausdauernd, wovon der Erfolg dieser Jagdart entscheidend abhängt. Dabei jagen alle Bracken i.d.R. als Solojäger und nicht in der Meute, lediglich an gestelltem Wild schlagen sie bei.
Einarbeitung und Prüfung der Anlagen zu sicherem Fährtenlaut, Fährtenwillen und Fährtensicherheit erfolgen dabei nach wie vor unverzichtbar auf der Hasen- oder Fuchsfährte. Es gibt praktisch keine Deutsche Bracke oder Westfälischen Dachsbracke, die dauerhaft stumm jagt, das Geläut der unterschiedlichen Stimmen zeugt sicher von den gefundenen Stücken Wild, die nach Brackenmanier beharrlich verfolgt werden. Der ist daher auch bei Flächen von unter 1.000 ha problemlos möglich, ein kleines Revier mit 75 ha sollte aber auch nicht unbedingt sein.
Dass sowohl die Deutsche Bracke als auch die Westfälische Dachsbracke zuverlässige Arbeiter auf der Rotfährte am langen Riemen sind, beweisen sie in Praxis wie auf Prüfungen. Beide Brackenrassen sind durch ihre Größe überaus angenehme Jagdbegleiter im Revier, die aufgrund ihres ruhigen und ausgeglichenen Wesens auch zu Hause unproblematisch zu halten sind, sofern sie hier einen festen Platz in der Familie erhalten und nicht ausschließlich in den Zwinger “abgeschoben” werden. Dennoch erheben sie nicht den Anspruch Schweißhunde zu sein, sie bleiben die Spezialisten für die Arbeit vor dem Schuss im Wald.
Jagen mit der Bracke in der Geschichte
Grundsätzlich gab es drei Arten, mit Bracken zu jagen, die alle bereits in der Antike und im Mittelalter ausgeübt wurden: Die Parforcejagd, die Treibjagd und die Riemenarbeit (Vorsuche, Lancieren und Nachsuche auf krankes Wild).
Bei der Parforcejagd wird eine Brackenmeute auf der Fährte eines bestimmten Wildes angesetzt. Die Bracken jagen es, durch berittene Jäger unterstützt, solange, bis es eingeholt ist oder sich ermüdet vor der Meute stellt. Diese Jagdart wurde bereits von den Kelten entwickelt. Die Bezeichnung Parforcejagd kam erst in der Neuzeit auf. Die Parforcejagd ist strenggenommen keine Hetze, da die Hunde nur mit der Nase jagen. Sie sind langsamer als das Wild, ermüden es aber durch ihre üblegene Ausdauer.
Die Parforcejagd gewann im 17. und 18. Jh. an den Fürstenhöfen Europas große Bedeutung. Vorbildlich war die “Chasse Royale” im absolutistischen Frankreich. Sie erforderte einen ernormen Aufwand an Hunden, Pferden und Jagdpersonal. Meuten von mehreren hundert Bracken waren nicht ungewöhnlich. So besaß der Herzog von Zweibrücken in der zweiten Hälfte des 18. Jh. über tausend Hunde, die in Kompanien eingeteilt waren.
Die Jagd galt in erster Linie dem starken Hirsch; es wurden aber auch Wildschweine und Wölfe “forciert”. Die ungeheuren Kosten führten in Deutschland schon bald wieder zur Abschaffung der Parforcejagd. Heute spielt diese Jagdart nur noch in Westeuropa eine Rolle. In Frankreich ist sie am weitesten verbreitet. Hier gibt es noch etwa 200 Equipagen (Jagdgesellschaften), die die “Große Jagd” auf Hirsch, Schwarzwild und Rehwild und die “Kleine Jagd” auf Fuchs und Hase ausüben. In England und Irland wird dagegen vornehmlich der Fuchs mit der Brackenmeute gejagt (Foxhunting). In Deutschland ist die Parforcejagd seit 1934 aus ethischen Gründen verboten.
Bei der Treibjagd mit Bracken ersetzen die Hunde die Treiber. Sie sollen das Wild aufspüren und laut jagend den Jägern zutreiben. Dabei wird der Jagdakt durch den Einsatz von Netzen, Waffen, insbesondere Schusswaffen, oder durch Hetzhunde (Windhunde, Packer oder Kreuzungen aus diesen) beendet.
Mit der Verbesserung der Schusswaffen entwickelte sich seit dem 16. Jh. eine ganz spezielle Jagdart, das Brackieren auf Hase und Fuchs. Diese Jagdmethode beruht auf der Standorttreue des Haarwildes. Die Bracken sollen das Wild aufspüren und es solange spurlaut jagen, bis es zu seinen alten Einständen zurückkehrt. Hier kann es von den an den bekannten Pässen anstehenden Schützen erlegt werden. Für diese Form der Brackenjagd ist das “Wenden” und “Zurückbringen” des Wildes charakteristisch. Von den Hunden verlangt diese Jagdart feinste Nase, enormen Spurwillen und lockeren Spurlaut. Da die Bracke langsamer ist als das gejagte Wild und diesem nur mit Hilfe ihrer Nase folgt, also ohne Sichtverbindung, stellt das Brackieren keine Hetzjagd dar.
Zum Bestätigen und Lancieren von Wild, meist Rotwild, wurde der Leithund verwendet. Mit seiner Hilfe wurde die Fährte am Hängeseil sorgfältig ausgearbeitet. Im Gegensatz zu den anderen Bracken durfte der Leithund dabei nicht laut werden. Die Leithundarbeit war bereits bei Griechen, Römern und Kelten bekannt. Mit der Parforcejagd, bei der die Meute nicht frei sucht, sondern auf einer zuvor bestätigten Fährte angesetzt wird, gewann sie besondere Bedeutung. Sie entwickelte sich zu einer hohen Kunst, die nur wenige hirschgerechte Jäger, die “Besuchsknechte” (von “suchen”) beherrschten. Aus der Arbeit auf der Gesundfährte leitet sich die Riemenarbeit mit dem Schweißhund ab. Der Leithund war ursprünglich eine besonders ruhige, feinnasige und fährtentreue Bracke aus der Meute. Seit dem Mittelalter entwic kelte er sich zu einer eigenständigen Rasse. Bezeichnenderweise waren die alten Leit- und später auch die Schweißhunde genau wie die Bracken gezeichnet: Weißer Fang mit Blässe, Halsring und Bauch, weiße Läufe und Rutenspitze. So bildet Johann Elias Ridinger (1689-1767) einen “Leithund” ab, der sich nur durch schweren Kopf und starke Knochen von seinem “Schweißhund” unterscheidet, der stark der heutigen Deutschen Bracke ähnelt.
In Frankreich spielt die Leithundarbeit in Verbindung mit der Parforcejagd auch heute noch eine wichtige Rolle. Hier entwickelte sich aber, anders als in Deutschland, keine eigenständige Leithundrasse. Der “Limier” ist vielmehr der ruhigste und fährtensicherste Hund der Meute, der zur Leithundarbeit besonders befähigt ist.
Aus den Leithunden sind durch Einkreuzung verschiedener Brackenformen die heutigen Schweißhunde entstanden. Beim Hannoverschen Schweißhund unterscheidet man noch heute den schwereren “Leithundtyp” vom leichteren “Brackentyp”.